Hochsensibilität & Geräuschempfindlichkeit – warum dein Nervensystem stärker reagiert

Hochsensibilität & Geräuschempfindlichkeit – warum dein Nervensystem stärker reagiert

Shivani Vogt
von Shivani Vogt

Viele Menschen, die hochsensibel sind, kennen ein Phänomen besonders gut: Geräusche, die für andere völlig normal erscheinen, wirken auf sie wie ein innerer Alarm. Das Klappern von Geschirr, Schritte im Treppenhaus, Stimmen aus der Nachbarwohnung oder sogar Atemgeräusche können zu Anspannung führen. Nicht, weil man „übertreibt“, sondern weil das Nervensystem anders arbeitet als bei weniger sensiblen Menschen.

Hochsensibilität betrifft nicht nur Emotionen oder die Art, wie man Stimmungen wahrnimmt. Sie zeigt sich sehr häufig als intensivere Reizverarbeitung des Hörsinns. Das bedeutet: Geräusche werden nicht nur wahrgenommen, sondern verarbeitet – und zwar tiefer, schneller und häufiger mit einer Stressreaktion verbunden.

1. Warum Hochsensible geräuschempfindlicher sind: Der biologische Mechanismus dahinter

Der Hörsinn ist derjenige unserer Sinne, der niemals „schlafen“ kann. Selbst nachts scannt er unsere Umgebung, um uns vor Gefahr zu schützen. Bei hochsensiblen Menschen ist dieser Überwachungsmodus aktiver. Das führt dazu, dass selbst kleine, unregelmäßige oder unerwartete Geräusche das Nervensystem in Alarmbereitschaft versetzen.

Das hat nichts mit „Einbildung“ zu tun. Im Gegenteil:

Das Gehirn hochsensibler Menschen verarbeitet Reize detaillierter und intensiver – ein Phänomen, das in Studien gut beschrieben ist. Der Körper versucht also schlicht, Sicherheit herzustellen. Nur ist die Schwelle, ab der ein Geräusch als potenzielle Bedrohung eingestuft wird, niedriger.

Geräusche als Stressor: Wenn der Schutzmechanismus überreagiert

Wenn das Nervensystem ohnehin belastet ist – durch Stress, Schlafmangel, Überforderung oder emotionale Anspannung –, verstärkt sich die Geräuschempfindlichkeit oft. Man reagiert dann nicht nur sensibel, sondern gereizt, manchmal sogar mit Wut oder innerem Rückzug.

Das ist kein persönliches Versagen. Es ist eine körperliche Reaktion auf Reizüberflutung.

Warum sich Geräusche bei Hochsensibilität „lauter“ anfühlen

  • Das Gehirn filtert unwichtige Geräusche weniger stark heraus.
  • Der sogenannte „Startle-Reflex“ (Schreckreflex) ist ausgeprägter.
  • Der Körper schaltet schneller in einen Kampf-oder-Flucht-Modus.
  • Der Stapediusmuskel im Ohr, der laute Geräusche dämpft, spannt sich stärker oder ungleichmäßig an.

Das kann dazu führen, dass selbst alltägliche Geräusche unangenehm klingen, „in den Kopf fahren“ oder körperliche Symptome auslösen, wie Anspannung, Herzklopfen oder Kopfschmerzen.

Hochsensibilität bedeutet nicht Schwäche – sondern ein empfindsameres Wahrnehmungssystem

Viele Betroffene schämen sich für ihre Reaktionen oder versuchen, sich „zusammenzureißen“. Doch Hochsensibilität ist keine Störung. Sie ist eine besondere Form der Wahrnehmung, die unter Stress überlastet werden kann. Die Geräuschempfindlichkeit ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis darauf, dass dein System Schutz braucht – nicht, dass du falsch funktionierst.

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2. Wie Geräusche im Nervensystem verarbeitet werden

Um zu verstehen, warum manche Menschen extrem sensibel auf Geräusche reagieren, lohnt sich ein Blick auf die Funktionsweise unseres Nervensystems. Denn Geräusche werden nicht einfach „gehört“ – sie werden bewertet. Und genau an dieser Stelle entsteht die Geräuschempfindlichkeit: nicht im Ohr, sondern im Zusammenspiel aus Ohr, Gehirn und autonomem Nervensystem.

Warum das Hören immer im Alarmmodus arbeitet

Der Hörsinn hat eine besondere Aufgabe:

Er muss uns vor Gefahren warnen, auch wenn wir schlafen.

Deshalb ist das Ohr ständig aktiv. Es arbeitet rund um die Uhr und scannt die Umgebung:

  • Gibt es ein plötzliches Geräusch?
  • Kommt ein Ton näher?
  • Klingt etwas unregelmäßig oder potenziell bedrohlich?

Für Menschen mit einem empfindlicheren Nervensystem – wie Hochsensible, Menschen mit ADHS, Traumaerfahrung, Burnout oder chronischer Überlastung – läuft dieser Scan stärker im Hintergrund. Das Gehirn schaltet schneller in Alarmbereitschaft, auch wenn objektiv keine Gefahr besteht.

Wenn das Nervensystem im Stressmodus ist, verändert das die Hörverarbeitung

Unser autonomes Nervensystem besteht aus drei Modi:

  1. Sicherheitsmodus (Ventral-Vagus-System)
  2. Kampf-Flucht-Modus (Sympathikus)
  3. Erstarrung/Shutdown (Dorsal-Vagus-System)

Im Sicherheitsmodus können wir Geräusche gut filtern und ausblenden.

Im Stressmodus passiert Folgendes:

1. Geräusche werden lauter wahrgenommen

Das Gehirn verstärkt die Reizverarbeitung, um potenzielle Gefahren schneller zu erkennen.

2. Die innere Filterfunktion bricht ein

Normale Wohngeräusche, Schritte, Stimmen, Essgeräusche oder technische Geräusche „fluten“ dann ungefiltert ins System.

3. Der Körper reagiert reflexhaft

Herzschlag, Anspannung, Muskeltonus und Atem verändern sich.

Der Körper bereitet sich auf eine Handlung vor („Do something!“).

4. Der zweitkleinste Muskel im Körper spielt eine Rolle

Im Mittelohr sitzt der Stapediusmuskel, der laute Geräusche abdämpfen soll.

Unter Stress kann er:

  • verspannt sein,
  • unregelmäßig reagieren,
  • oder sich zurückziehen.

Das führt dazu, dass Geräusche schärfer, aggressiver oder körperlich unangenehm klingen.

Warum unregelmäßige Geräusche besonders triggern

Regelmäßige Geräusche (Regen, leises Summen) kann das Gehirn gut verarbeiten.

Schwieriger sind:

  • Schritte, die plötzlich auftauchen
  • Stimmen, die lauter werden
  • Essgeräusche
  • Türknallen
  • unvorhersehbare Geräusche von Nachbarn

Das Nervensystem bevorzugt Vorhersagbarkeit. Wenn ein Geräusch nicht berechenbar ist, steigt automatisch die Alarmbereitschaft.

Geräuschempfindlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von Sensibilität

Gerade Menschen, die sehr verantwortungsvoll, empathisch und aufmerksam durchs Leben gehen, haben häufig ein Nervensystem, das feiner eingestellt ist.

Das macht sie auch empfindlicher für Reize, wenn Stress, Müdigkeit oder emotionale Belastung dazukommen.

Die Geräuschempfindlichkeit sagt also weniger über „Belastbarkeit“ aus – und mehr darüber:

  • wie dein Nervensystem trainiert ist,
  • wie viel Stress es gerade trägt
  • und ob es sich sicher genug fühlt, Geräusche einfach vorbeiziehen zu lassen.

3. Ursachen für Geräuschempfindlichkeit: körperlich, hormonell und neurologisch

Geräuschempfindlichkeit hat viele mögliche Ursachen – und oft kommen mehrere Faktoren gleichzeitig zusammen. Neben Stress und Hochsensibilität spielen körperliche und medizinische Hintergründe eine große Rolle. Viele Betroffene wissen gar nicht, wie eng Ohren, Hormone, Stoffwechsel, Nerven und Muskulatur miteinander verbunden sind.

A. Halswirbelsäule & Kiefer – wenn Spannung den Hörsinn verstärkt

Hier findest du einen Überblick über die häufigsten körperlichen Auslöser.

1. Geräuschempfindlichkeit und HWS-Probleme

Die Nerven, die am Übergang zwischen Kopf und Hals verlaufen, sind eng mit dem Hörsystem verknüpft.

Verspannungen im Nacken können verursachen:

  • verstärkte Geräuschwahrnehmung
  • Druckgefühl im Ohr
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen

Wenn die Halswirbelsäule blockiert ist, gerät auch die Wahrnehmung aus dem Gleichgewicht.

2. Geräuschempfindlichkeit und CMD – Kieferfehlstellungen

Bei einer craniomandibulären Dysfunktion arbeiten Kiefergelenk und Kaumuskeln ungleichmäßig.

Das kann zu Geräuschempfindlichkeit führen, weil:

  • die Muskulatur im Kiefer mit Ohr- und Nackenmuskeln verbunden ist
  • der Hörnerv auf Spannung reagiert
  • das Mittelohr empfindlicher wird

Viele merken erst bei einer Diagnose, dass ihr Kiefer die Ursache war.

3. Verspannungen und Geräuschempfindlichkeit

Auch verspannte Schultern, chronischer Stress oder Fehlhaltung am Arbeitsplatz können die Hörverarbeitung verstärken.

B. Stoffwechsel & Hormone – wenn der Körper „lauter“ hört

Auch dafür gibt es verschiedene Ursachen

1. Histaminintoleranz und  Geräuschempfindlichkeit

Ein hoher Histaminspiegel kann das gesamte Nervensystem reizbarer machen.

Typische Folgen:

  • Geräusche werden als unangenehm empfunden
  • Herzklopfen
  • Schlafstörungen
  • Unruhe

Viele bemerken die Geräuschverstärkung besonders nach bestimmten Lebensmitteln oder Wein.

2. Geräuschempfindlichketi und Schilddrüse

Eine Unter- oder Überfunktion kann zu:

  • Nervosität
  • Übererregbarkeit
  • Kopfschmerzen
  • verstärkter Geräuschempfindlichkeit

führen. Gerade bei Hashimoto ist der Hörsinn oft sensibler.

3. Geräuschempfindlichkeit vor der Periode - Zyklus & Hormonschwankungen

Kurz vor der Periode steigt der Stresspegel im Körper. Gleichzeitig sinkt Magnesium – dadurch wird das Nervensystem empfindlicher. Viele Frauen berichten:

„Eine Woche vor der Periode halte ich Geräusche schlechter aus.“

4. Welcher Mangel besteht bei Geräuschempfindlichkeit?

Typische Mängel an Mikronährstoffen, die Geräuschsensibilität verstärken können:

  • Magnesium
  • Vitamin D
  • B-Vitamine
  • Eisen
  • Omega-3-Fettsäuren

Ein erschöpftes Nervensystem reagiert stärker auf Reize.

C. Neurologische & neuropsychologische Faktoren

1. ADHS und Geräuschempfindlichkeit

Das Gehirn kann Reize schlechter filtern.

Geräusche „springen“ dann stärker ins Bewusstsein.

Diese Filterproblematik ist ein Kernsymptom von ADHS.

2. Fibromyalgie und Geräuschempfindlichkeit

Fibromyalgie-Betroffene haben ein überempfindliches Nervensystem.

Daraus entstehen:

  • Geräuschempfindlichkeit
  • Schmerzsensibilität
  • Erschöpfung
  • Schlafstörungen

3. PTBS & Trauma im Rahmen von Geräuschempfindlichkeit

Bei Traumaerfahrungen bleibt das Nervensystem oft dauerhaft in Alarmbereitschaft.

Geräusche werden dann:

  • schneller als Bedrohung eingestuft
  • schwerer ausgeblendet
  • körperlich intensiver wahrgenommen

Wichtig: Das ist keine Überreaktion, sondern ein Schutzmechanismus des Körpers.

4. Geräuschempfindlichkeit und Depression bzw. Burnout

Bei Erschöpfung sinkt die Reizschwelle.

Normale Geräusche fühlen sich dann „zu viel“ an.

Viele Betroffene beschreiben eine Mischung aus:

  • Reizüberflutung
  • innerer Anspannung
  • sozialer Überforderung

D. Ohrbedingte Ursachen von Geräuschempfindlichkeit

Auch der Körper hat mehrere Möglichkeiten, diese Sensibilität auszudrücken:

1. Geräuschempfindlichkeit nach Knalltrauma

Nach einem plötzlichen lauten Geräusch – Knall, Feuerwerk, Schuss – kommt es häufig zu:

  • Hyperakusis
  • Tinnitus
  • Druckgefühl
  • genereller Überempfindlichkeit

Die Hörnerven sind nach einem Schockereignis besonders anfällig.

2. Einseitige Empfindlichkeit und Geräuschempfindlichkeit, linkes oder rechtes Ohr

Manchmal reagiert nur ein Ohr empfindlich. Ursachen können sein:

  • Mittelohrentzündung
  • Hörsturz
  • Nervenirritation
  • muskuläre Dysbalance
  • Kieferprobleme

Einseitige Geräuschempfindlichkeit sollte immer ärztlich abgeklärt werden.

E. Geräuschempfindlichkeit und Schlafstörungen: Schlaf, Stress, Erschöpfung

Schlafmangel macht die Hörverarbeitung unruhig. Wer erschöpft ist, hat:

  • schwächere Filter
  • mehr Stresshormone
  • schnellere Übererregbarkeit

Deshalb erleben viele die Geräuschempfindlichkeit besonders morgens oder abends.

Warum sich viele Ursachen gegenseitig verstärken

Hier zeigt sich ein typisches Muster:

Stress → Muskelspannung → schlechter Schlaf → erhöhte Geräuschsensibilität

oder

Hormonverschiebung → nervliches Ungleichgewicht → gereiztes Hörsystem

Geräuschempfindlichkeit ist fast nie monocausal. In der Praxis sehe ich häufig 3–5 gleichzeitig wirksame Faktoren.

4. Psychische und emotionale Ursachen – wenn die Seele Geräusche lauter macht

Geräuschempfindlichkeit entsteht nicht nur durch körperliche oder hormonelle Faktoren. Auch die Psyche spielt eine entscheidende Rolle. Denn unser Nervensystem reagiert auf innere Belastung genauso wie auf äußere Reize. Wenn Gefühle, Stress oder alte Erfahrungen im Hintergrund arbeiten, verändert sich auch die Art und Weise, wie wir hören.

Viele Betroffene beschreiben, dass sie Geräusche besonders schlecht aushalten können, wenn sie:

  • erschöpft sind
  • emotional angespannt sind
  • Sorgen haben
  • sich unverstanden fühlen
  • in einem Konflikt stehen
  • oder unter Druck geraten

Das ist kein Zufall. Geräuschempfindlichkeit ist oft ein Frühwarnzeichen des Nervensystems.

1. Depression & Erschöpfung bei Geräuschempfindlichkeit – wenn alle Reize zu viel werden

Bei Depression und depressiver Verstimmung sinkt die Reizschwelle des Nervensystems.

Geräusche fühlen sich dann nicht nur lauter an, sondern auch:

  • anstrengender
  • belastender
  • schneller überfordernd

Die innere Reizleitung ist verlangsamt, während gleichzeitig die Stressreaktion schneller anspringt. Dadurch entsteht das Gefühl, „nichts mehr auszuhalten“.

Viele Patienten berichten, dass Geräuschempfindlichkeit genau in den Phasen auftaucht, in denen sie kaum Kraft haben – körperlich wie seelisch.

2. Geräuschempfindlichkeit und Burnout & Dauerstress – wenn der Körper keine Reserven mehr hat

In einer Burnout-Phase arbeitet der Sympathikus permanent auf Hochtouren.

Das führt zu:

  • innerer Anspannung
  • Schlafstörungen
  • Nervosität
  • Überreaktionen auf Geräusche

Geräuschempfindlichkeit ist dabei weniger „Symptom“ als vielmehr ein Signal: Das System braucht Ruhe, Klarheit und Entlastung.

3. Geräuschempfindlichkeit und Trauma & PTBS – das Nervensystem im Daueralarm

Nach traumatischen Erfahrungen bleibt der Körper oft übermäßig wachsam.

Geräusche werden dann automatisch überprüft:

  • Ist da eine Gefahr?
  • Muss ich reagieren?
  • Bin ich sicher?

Das passiert bei Menschen mit der Diagnose PTBS (Posttraumatische Belastungs-Syndrom) reflexhaft, bevor man denken kann.

Viele Betroffene erleben kleine Geräusche wie:

  • Schritte
  • Stimmen
  • Türen
  • überraschende Laute

als Körperalarm. Nicht, weil sie empfindlich sind, sondern weil das Nervensystem gelernt hat: „Ich muss wachsam sein.“ Gerade bei komplexen Traumata oder langjährigen Belastungen ist Geräuschempfindlichkeit ein häufiges Begleitsymptom.

4. Bindungsmuster & emotionale Überforderung bei Geräuschempfindlichkeit

Viele Menschen, die Geräusche schlecht aushalten, kennen im Inneren ein bestimmtes Muster:

Sie tragen sehr viel Verantwortung und haben hohe Erwartungen an sich selbst.

Häufig finden sich:

  • Perfektionismus
  • hohe Selbstansprüche
  • chronische Überlastung
  • Anpassung an die Bedürfnisse anderer
  • das Gefühl, „funktionieren zu müssen“

Wenn der innere Druck steigt, reagiert das Nervensystem stärker auf Reize von außen. Geräusche werden dann nicht nur gehört, sondern emotional – wie kleine Angriffe.

5. ADHS, Reizoffenheit und emotionale Dysregulation bei Geräuschempfindlichkeit

(Wird in Punkt 3 neurologisch erwähnt, bekommt hier die emotionale Komponente)

ADHS-Betroffene nehmen Umweltreize intensiver wahr. Geräusche können dann:

  • Unruhe auslösen
  • Konzentration verhindern
  • Wut oder Impulsreaktionen auslösen

Es ist nicht die Lautstärke, die stört – sondern die fehlende Filterfunktion.

6. Belastete Beziehungen & Familienkonflikte durch Geräuschempfindlichkeit

Geräuschempfindlichkeit zeigt sich erstaunlich oft in Phasen, in denen soziale Bindungen herausfordernd sind:

  • Streit
  • unausgesprochene Konflikte
  • Schuldgefühle
  • emotionale Überforderung
  • das Gefühl, zu viel zu tragen

Wenn innerlich „zu viel los ist“, ist es akustisch kaum möglich, noch mehr zu verarbeiten.

Besonders häufig passiert das in familiären Konstellationen – ein Grund, warum Essgeräusche oder Alltagsgeräusche emotional so stark triggern können.

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7. Wenn Geräusche Scham oder Zweifel auslösen

Viele erleben zusätzlich Scham:

„Warum halte ich das nicht aus? Was stimmt nicht mit mir?“

Dabei ist Geräuschempfindlichkeit eine verständliche Reaktion eines Systems, das überlastet ist – nicht ein Zeichen von Schwäche. In der therapeutischen Arbeit zeigt sich immer wieder: Sobald der Druck sinkt, sinkt auch die Geräuschempfindlichkeit. Emotionaler Druck ist meistens ein Zeichen dafür, dass ich von Menschen umgeben bin, die nicht auf ihre Gefühle hören - sondern von Vorstellungen geleitet werden.

Warum psychische Ursachen von Geräuschempfindlichkeit nicht „nur im Kopf“ sind

Alle genannten Faktoren wirken unmittelbar auf:

  • den Muskeltonus
  • den Atem
  • die Stresshormone
  • die Hörverarbeitung
  • die Reizfilterung des Gehirns

Geräuschempfindlichkeit ist also kein rein psychisches Phänomen.

Sie ist eine körperliche Antwort auf emotionale Belastung – und damit ein wichtiger Hinweis darauf, wo das System Unterstützung braucht.

5. Geräuschempfindlichkeit im Alltag und in der Wohnung

Gerade in der eigenen Wohnung zeigt sich Geräuschempfindlichkeit oft am stärksten. Viele Menschen kommen gut durch den Tag – bis sie zu Hause sind und plötzlich Nachbargeräusche, Schritte oder Stimmen als unerträglich empfinden. Das hat weniger damit zu tun, dass die Wohnung „zu hellhörig“ ist, sondern viel mehr damit, wie das Nervensystem in Situationen reagiert, in denen wir eigentlich Entspannung erwarten.

Warum Geräusche zu Hause besonders verletzlich machen

Zuhause bedeutet:

  • Rückzug
  • Sicherheit
  • Ruhe
  • Entlastung

Wenn hier Geräusche auftauchen, die wir nicht kontrollieren können, entsteht schnell Stress. Das Nervensystem registriert sie als Eindringen in einen geschützten Raum.

Vor allem wenn du ohnehin angespannt bist, kannst du Geräusche schwerer ausblenden.

Typische Beispiele:

  • Schritte von oben
  • Stühle, die geschoben werden
  • gedämpfte Stimmen
  • Kinderlärm
  • Musik oder Fernseher
  • Türen oder Wassergeräusche

Selbst normale Wohngeräusche werden dann zu Auslösern für Anspannung.

Warum unvorhersehbare Geräusche am stärksten triggern

Das Nervensystem liebt Vorhersagbarkeit.

Planbare Geräusche – ein gleichmäßiger Regen, ein Ventilator, ein ruhiges Summen – verarbeitet es problemlos.

Schwierig wird es bei Geräuschen, die:

  • plötzlich auftreten
  • in der Lautstärke schwanken
  • nicht zuzuordnen sind
  • „drohend“ wirken, weil sie von oben kommen
  • in der Pause zwischen zwei Geräuschen Spannung erzeugen

Ein klassisches Beispiel ist das Geräusch von Nachbarn über einem.

Schritte und Poltern sind unregelmäßig und nicht beeinflussbar – der perfekte Stressauslöser.

Warum manche Geräusche sich „näher“ anfühlen

Viele Betroffene sagen:

„Es fühlt sich an, als wäre der Nachbar in meinem Wohnzimmer.“

Das liegt daran, dass das Gehirn bei Stress schneller räumlich falsch zuordnet.

Der Schall wird dann nicht nur gehört, sondern körperlich empfunden – wie:

  • Druck im Brustkorb
  • innere Unruhe
  • ein Impuls zu fliehen
  • oder ein Gefühl von Bedrohung

Das ist keine Übertreibung. Es ist die verkörperte Reaktion des Nervensystems. Schau auf dieser Seite, welche Strategien dir helfen können, den Körper zu regulieren und weniger geräuschempfindlich zu sein.

Geräusche in Mehrfamilienhäusern – warum sie mehr bedeuten als „Lärm“

Geräusche von oben oder durch dünne Wände haben eine symbolische Komponente:

  • Man kann sie nicht kontrollieren.
  • Man kann ihnen nicht ausweichen.
  • Man weiß nicht, wie laut es gleich wird.
  • Man kann keine klare Grenze setzen.
  • Die eigene Erholung hängt von anderen ab.

Für Menschen, die viel Verantwortung tragen oder sich selten erlauben, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen, ist dieser Kontrollverlust besonders schwierig.

Wenn Geräusche zu Fehlinterpretationen führen

Ein angespanntes Nervensystem kann Geräusche fehlbewerten:

  • normale Schritte wirken aggressiv
  • ein Stuhl klingt wie Wut
  • eine Tür wirkt wie Absicht
  • eine Stimme klingt bewertend

Kinderlärm wirkt chaotisch und überfordernd. Das liegt nicht an der Realität, sondern an der inneren Alarmbereitschaft. Der Körper hört immer durch einen emotionalen Filter.

Warum Konflikte mit Nachbarn so belastend werden können

Geräuscheempfindlichkeit kann zu Verunsicherung führen:

„Beschwere ich mich zu Recht?“

„Stelle ich mich an?“

Viele Menschen beginnen, Geräusche zu beobachten, zu analysieren oder zu meiden. Das schafft noch mehr Stress.

Wenn dann jemand aus der Nachbarschaft genervt reagiert oder Abwehr signalisiert („Das sind normale Wohngeräusche“), führt das bei Betroffenen oft zu:

  • Scham
  • Rückzug
  • innerer Anspannung
  • oder dem Gefühl, „falsch“ zu sein

Dabei ist das Problem weniger die Lautstärke – sondern das überforderte Nervensystem.

Geräuschempfindlichkeit zu Hause ist ein Hinweis – kein persönlicher Fehler

Wichtig ist:

Wenn Geräusche im eigenen Zuhause unerträglich werden, ist das ein Zeichen, dass dein System überlastet ist. Nicht, dass du zu empfindlich bist.

Die Wohnung ist der Ort, an dem dein Körper mitbekommt, wie viel Stress wirklich in dir ist. Hier fällt auf, was im Alltag kompensiert wurde.

Geräuschempfindlichkeit zu Hause sagt daher oft mehr über die innere Erschöpfung aus als über die Wände des Hauses.

6. Wann steigert sich Geräuschempfindlichkeit plötzlich?

Plötzliche Geräuschempfindlichkeit wirkt für viele Menschen beunruhigend – vor allem, wenn sie ohne klaren Auslöser auftaucht. Doch neurobiologisch lässt sich dieses Phänomen gut erklären: Das Nervensystem legt in bestimmten Situationen einen inneren Schalter um. Dieser Schalter entscheidet, bei fehlender Sicherheit in den Zustand von Alarmbereitschaft. Genau diesen Zusammenhang beschreibt die Polyvagal-Theorie.

1. Geräuschempfindlichkeit und die Polyvagal-Theorie: Wenn der Sicherheitsschalter umlegt

Nach der Polyvagal-Theorie reagiert unser Nervensystem ständig auf eine einzige Frage:

Bin ich sicher – oder nicht?

Solange dein Körper Sicherheit wahrnimmt (ventral-vagaler Zustand), kannst du Geräusche filtern, einordnen und innerlich gelassen bleiben.

Doch bei Stress, emotionaler Anspannung oder drohender Überforderung kippt der Zustand – wie ein Schalter. Dein Nervensystem schaltet in:

  • Sympathikus-Aktivierung (Kampf oder Flucht) oder
  • Dorsal-Vagus (Überwältigung, Shutdown)

Und genau in diesem Moment verändert sich die Hörverarbeitung.

Der Körper verstärkt die Wahrnehmung von Geräuschen, um mögliche Gefahren schneller zu registrieren. Das fühlt sich dann an wie:

  • Geräusche sind plötzlich „zu nah“
  • kleine Laute wirken wie Bedrohungen
  • der Körper reagiert reflexhaft
  • Ausblenden funktioniert nicht mehr

Es ist kein Zufall, dass plötzliche Geräuschempfindlichkeit oft nach einem Streit, einer schlechten Nachricht, einem hektischen Tag oder einem emotional belastenden Moment einsetzt.

2. Schlafmangel, hormonelle Schwankungen und körperliche Belastungen

Auch körperliche Faktoren können dazu führen, dass der innere Sicherheitsschalter umlegt:

  • schlechte oder zu kurze Nächte
  • Zähneknirschen, Nackenverspannungen oder Kieferstress
  • Hormonveränderungen im Zyklus
  • Magnesium- oder Vitamin-B-Mangel
  • erhöhtes Histamin

Der Körper verliert dann kurzfristig seine Fähigkeit, Reize zu sortieren und zu filtern. Selbst alltägliche Geräusche werden intensiver wahrgenommen, weil das Nervensystem automatisch in einen Schutzmodus springt.

3. Emotionale Trigger: Wenn der Körper schneller reagiert als der Kopf

Plötzliche Geräuschempfindlichkeit kann auch aus emotionalen Gründen auftreten – oft schon bevor du die Belastung bewusst wahrnimmst.

Typische Auslöser:

  • ein verletzender Kommentar
  • innere Konflikte
  • Erwartungen anderer
  • Überforderung
  • alte Muster der Anspannung

Der Körper reagiert sofort auf die innere Unsicherheit – lange bevor du sie gedanklich erfasst hast. Auch hier legt der Sicherheitsschalter um und das Ohr wird zum „Frühwarnsystem“.

Warum plötzliche Geräuschempfindlichkeit ein Schutzmechanismus ist

Wenn Geräusche plötzlich unerträglich werden, bedeutet das nicht, dass du „sensibler geworden bist“ oder dass etwas „nicht stimmt“. Dein Nervensystem zeigt dir, dass das Gefühl von Sicherheit kurzfristig verloren gegangen ist – und reagiert, indem es dich schützt.

Plötzliche Geräuschempfindlichkeit ist ein Zeichen dafür, dass dein innerer Sicherheitsschalter umgelegt hat. Das System versucht, dich zu warnen, bevor du dich überforderst. Das ist unangenehm, aber biologisch sinnvoll:

Der Körper schärft deine Wahrnehmung, damit du rechtzeitig spürst, dass etwas zu viel geworden ist – bevor du zusammenbrichst oder weit über deine Grenzen gehst.

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7. Welche Ärzte helfen bei Geräuschempfindlichkeit – wie die Diagnostik aussieht

Viele Menschen, die unter Geräuschempfindlichkeit leiden, wissen nicht genau, an wen sie sich wenden sollen.

Das ist verständlich: Geräuschempfindlichkeit berührt verschiedene Bereiche – Ohren, Nerven, Hormone, Psyche und Muskulatur. Deshalb ist die Diagnostik oft interdisziplinär.

Hier findest du eine klare Orientierung, welche Anlaufstellen sinnvoll sind und was dort untersucht wird.

1. Welcher Arzt bei Geräuschempfindlichkeit?

Der HNO-Arzt ist die erste Adresse bei jeder Form von Geräuschempfindlichkeit. Er prüft, ob das Problem im Bereich von Ohr, Mittelohr oder Hörnerv liegt.

Typische Untersuchungen:

  • Hörtest (Audiometrie)
  • Messung der Lautheitsempfindung (Hyperakusis-Diagnostik)
  • Tympanometrie (Funktion des Trommelfells und Mittelohrs)
  • Stapediusreflex-Messung
  • Ausschluss von Hörsturz, Entzündungen oder Schäden

Der HNO-Arzt ist besonders wichtig bei:

  • einseitiger Geräuschempfindlichkeit
  • plötzlichem Beginn
  • möglichem Knalltrauma
  • Ohrdruck oder Tinnitus

Viele Patienten erhalten hier bereits hilfreiche Informationen – auch wenn körperlich alles unauffällig ist. Das bedeutet dann: Das Problem entsteht nicht im Ohr, sondern im Nervensystem.

2. Zahnärzte oder CMD-Spezialisten – bei Kiefer- und Nackenbeschwerden

Wenn Geräuschempfindlichkeit mit folgenden Beschwerden zusammenhängt, ist CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion) ein möglicher Auslöser:

  1. Zähneknirschen
  2. Kieferknacken
  3. Druck im Kiefer
  4. HWS-Verspannungen
  5. Kopfschmerzen
  6. Tinnitus

Der CMD-Spezialist kann feststellen:

  • ob das Kiefergelenk blockiert
  • ob die Muskulatur überlastet ist
  • ob die Bisslage korrigiert werden muss

Bei vielen Betroffenen wird die Geräuschempfindlichkeit leichter, sobald der Kiefer entlastet wird.

3. Orthopädie oder Physiotherapie – bei HWS- und Muskelspannungen

Die Halswirbelsäule spielt eine große Rolle bei Geräuschwahrnehmung.

Orthopäd:innen oder spezialisierte Physiotherapeut:innen können prüfen:

  • Blockierungen im oberen HWS-Bereich
  • muskuläre Dysbalancen
  • Fehlhaltungen
  • Stress-bedingte Verspannungen
  • „aufsteigende“ Spannung in Kiefer und Ohr

Gerade der Bereich zwischen C0–C3 ist eng mit dem Hörsystem verknüpft.

4. Endokrinologie – wenn Hormone am Hyperakusis beteiligt sind

Eine hormonelle Abklärung ist sinnvoll bei:

  • Geräuschempfindlichkeit vor der Periode
  • Schilddrüsenproblemen
  • auffälligem Menstruationszyklus
  • Stimmungsschwankungen
  • Schlafproblemen

Untersuchungen können sein:

  • Schilddrüsenwerte (TSH, fT3, fT4, Antikörper)
  • Progesteron und Östrogen
  • Vitamin D
  • Eisenstatus
  • B-Vitamine und Magnesium

Ein unausgeglichener Hormonhaushalt kann die Reizverarbeitung massiv beeinflussen.

5. Neurologie – wenn das Nervensystem betroffen ist beim Hyperakusis

Eine neurologische Abklärung ist sinnvoll, wenn zusätzlich folgende Symptome auftreten:

  • Kopfschmerzen oder Migräne
  • Konzentrationsprobleme
  • Taubheitsgefühle
  • Schwindel
  • neurologische Vorerkrankungen

Verdacht auf Hörnerv-Störungen

Der Neurologe prüft u.a.:

  • Reizweiterleitung
  • Nervenirritationen
  • zentrale Hörverarbeitung
  • Stresslevel im Nervensystem

Dies ist besonders wichtig, wenn die Geräuschempfindlichkeit mit ADHS, Fibromyalgie, PTBS oder Burnout zusammenhängt.

6. Psychotherapie – wenn Stress, Trauma oder Emotionen bei Geräuschempfindlichkeit eine Rolle spielen

Gerade wenn die medizinische Diagnostik unauffällig ist, lohnt sich der Blick auf das Nervensystem aus psychologischer Sicht.

Eine psychotherapeutische Abklärung hilft bei:

  • Trauma / PTBS
  • Stressfolgen
  • Burnout
  • Depression
  • emotionaler Überforderung
  • Hochsensibilität
  • Reizfilterschwäche

Hier geht es nicht darum, „etwas Psychisches zu unterstellen“. Es geht darum, zu verstehen, wie das Nervensystem arbeitet – und wie es entlastet werden kann. Ein leidiges Thema - und mir wirklich wichtig, dass dieses Tabuthema immer besser verstanden wird.

7. Blutwerte & Lebensstilfaktoren – der unterschätzte Baustein bei Hyperakusis

Viele Betroffene profitieren von einfachen Blutuntersuchungen, die klären:

  • Vitamin D
  • Eisen/Ferritin
  • B12
  • Magnesium
  • Entzündungswerte

Mängel in diesen Bereichen können Geräuschsensibilität deutlich verstärken und sind oft durch geleerte Depots sogar die Ursache davon.

Warum eine gute Diagnostik so wichtig ist

  • Geräuschempfindlichkeit ist kein Zufallsprodukt.
  • Sie hat immer Ursachen – manchmal mehrere gleichzeitig. Eine saubere Diagnostik bringt:
  • Orientierung
  • Sicherheit
  • das Gefühl, ernst genommen zu werden
  • konkrete Optionen für Behandlung und Selbsthilfe

Und oft zeigt sich: Sobald du verstehst, worauf dein System reagiert, wird die Geräuschempfindlichkeit bereits leichter. Information kann auch Sicherheit geben und damit den Schalter von deinem Nervensystem umlegen auf Ruhe-und Sicherheits-Modus.

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8. Behandlung & Linderung – was wirklich gegen Geräuschempfindlichkeit hilft

Viele Betroffene suchen verzweifelt nach einem Mittel gegen Geräuschempfindlichkeit. Doch es gibt nicht die eine Lösung – weil die Ursachen so unterschiedlich sind. Was jedoch möglich ist: Die Reizschwelle erhöhen, die Stressantwort reduzieren und den inneren Sicherheitsschalter stabilisieren.

Hier findest du einen Überblick, was wirklich hilft – körperlich, psychisch und im Alltag.

1. Nervensystem-Regulation – die Grundlage jeder Verbesserung bei Hyperakusis

Geräuschempfindlichkeit entsteht, wenn das Nervensystem im Alarmmodus ist. Deshalb ist der wichtigste Schritt, wieder in den ventral-vagalen Sicherheitszustand zu kommen. Und schließlich bist du hier nicht auf einer medizinischen, sondern auf einer psychologischen Seite gelandet.

Wirksam sind:

  • ruhige, tiefe Bauchatmung
  • längeres Ausatmen
  • sanfte Körperwahrnehmung
  • Erdungsübungen
  • langsame Bewegungen
  • warmes Duschen, Wärmflasche
  • Regulation durch Kontakt (eine sichere Person, beruhigende Stimme)

Diese Strategien senken die innere Alarmbereitschaft und verbessern die Hörfilterung.

2. Desensibilisierung – wenn Geräusche wieder neutral werden sollen

Die klassische Desensibilisierung stammt aus der Verhaltenstherapie. Sie bedeutet nicht „sich abhärten“, sondern das Gehirn wieder an neutrale Reize zu gewöhnen.

Sanftes Vorgehen: 

  • kurze Hörübungen mit leisen Hintergrundgeräuschen
  • Geräusche bewusst anhören, ohne sie zu bewerten
  • langsame Steigerung
  • Pausen, sobald der Körper Anspannung zeigt
  • Ziel ist, dass das Gehirn wieder lernt:
  • „Das ist kein Alarm – das ist ein Geräusch.“

Wichtig: Desensibilisierung wirkt nur, wenn das Nervensystem parallel reguliert wird. Ist das nicht der Fall, kann die Empfindlichkeit sogar noch zunehmen - wie bei einer Aktivierung des Traumas.

3. Hypnose bei Geräuschempfindlichkeit – wenn Geräusche mit Stress verknüpft sind

Hypnose kann hilfreich sein, wenn Geräuschempfindlichkeit mit innerer Anspannung, Misophonie oder Überforderung verbunden ist. Im hypnotischen Zustand kann das Gehirn:

  • Stressreaktionen neu verknüpfen
  • die innere Alarmantwort herunterfahren
  • alte Muster lösen
  • den Hörfilter neu einstellen

Gerade bei emotionalen Triggern ist Hypnose oft erstaunlich wirksam. Es ist auch die Methode, mit der ich meine Klienten unterstütze.

4. TCM  und Geräuschemfindlichkeit– energetische Stabilisierung

Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin hängt Geräuschempfindlichkeit häufig mit:

  • Nieren-Energie
  • Leber-Qi-Stagnation
  • Blutmangel
  • Stress-Hitze

Akupunktur, Kräuter und Ernährungsanpassungen können das Nervensystem dämpfen und den Körper stabilisieren.

5. Kiefer, HWS & Muskulatur – körperliche Entspannung für einen ruhigen Hörsinn

Spannungen im Kiefer und Nacken beeinflussen den Hörnerv direkt.

Hilfreich sind:

  • manuelle Therapie
  • osteopathische Behandlung
  • Kieferphysiotherapie
  • Massagen
  • Wärme
  • Entlastung des Kiefers (Aufbissschiene)

Viele erleben schon nach wenigen Sitzungen eine deutliche Verbesserung.

6. Ernährung & Stoffwechsel – kleine Veränderungen, große Wirkung bei Hyperakusis

Gerade bei Histaminintoleranz, Vitaminmängeln oder Schilddrüsenthemen können Anpassungen sehr wirksam sein.

Hilfreich sind:

  • Magnesium (wirkt beruhigend auf Nerven und Muskeln)
  • Vitamin B-Komplex
  • Omega-3-Fettsäuren
  • Eisen bei Mangel
  • Histaminarm essen bei Unverträglichkeit

Viele Betroffene berichten, dass sie mit Magnesium oder Omega-3 innerhalb weniger Tage weniger geräuschempfindlich werden.

7. Medikamente bei Geräuschempfindlichkeit – sinnvoll oder nicht?

Es gibt kein spezifisches Medikament gegen Geräuschempfindlichkeit.

Allerdings können Medikamente helfen, wenn eine medizinische Ursache zugrunde liegt:

  • Antihistaminika bei Histaminintoleranz
  • Schilddrüsenmedikamente bei Unter- oder Überfunktion
  • Muskelrelaxantien kurzfristig bei starkem Kiefer-/HWS-Stress
  • Antidepressiva, wenn die Geräuschempfindlichkeit Teil einer Depression ist

Wichtig: Medikamente sollten immer unterstützend wirken – nicht als alleinige Lösung.

8. Alltagshilfen – sofort wirksam, aber ohne Rückzugsfalle

Kurzfristig können helfen:

  • weiche Ohrstöpsel (nicht rund um die Uhr!)
  • Kopfhörer mit sanfter Geräuschkulisse (z.B. Naturgeräusche)
  • Rituale zur Entspannung
  • klare Grenzen im Alltag
  • ruhige Morgen- und Abendroutinen

Achtung:

Dauerhaftes Vermeiden oder komplettes Abschotten verschlechtert die Geräuschempfindlichkeit langfristig, weil das Gehirn dann lernt: „Geräusche sind gefährlich.“

9. Psychotherapie & Körpertherapie bei Geräuschempfindlichkeit – wenn Emotionen beteiligt sind

Therapeutische Unterstützung ist besonders hilfreich bei:

  • Trauma / PTBS
  • Burnout
  • innerer Überlastung
  • familiären Konflikten
  • Misophonie
  • Angst, „nicht normal zu reagieren“

Mit regulierenden, körperorientierten Verfahren wie EMDR, Atemarbeit oder Nervensystemtraining lässt sich die Reizschwelle nachhaltig stabilisieren.

10. Was wirklich zählt: Der innere Sicherheitsschalter bei Geräuschempfindlichkeit

Egal welche Methode du wählst – Verbesserung tritt ein, wenn dein Nervensystem den Sicherheitsmodus wiederfindet.

Die zentrale Frage lautet nicht:

„Wie werde ich Geräusche los?“

sondern:

„Wie kann mein Körper wieder fühlen, dass er sicher ist?“

Wenn dieser innere Schalter stabil bleibt, lassen sich Geräusche wieder einordnen und verlieren ihre Bedrohlichkeit.

9. Selbsthilfe im Alltag – was du konkret tun kannst, um Geräuschempfindlichkeit zu reduzieren

Geräuschempfindlichkeit fühlt sich oft so an, als hätte man keine Kontrolle darüber. Doch das stimmt nicht. Du kannst jeden Tag auf mehreren Ebenen Einfluss nehmen – auf dein Nervensystem, deine Umgebung und deine innere Haltung. Es geht nicht darum, Geräusche „wegzumachen“, sondern darum, deinem Körper wieder Vertrauen und Sicherheit zu geben.

Hier sind die wirksamsten Schritte:

1. Mini-Regulationspausen über den Tag verteilen

Anstatt lange Pausen zu planen, wirken kurze, häufige Unterbrechungen viel besser.

Schon 30–60 Sekunden reichen.

Zum Beispiel:

  • einmal tief seufzen
  • die Schultern bewusst entspannen
  • eine Hand auf den Brustkorb legen
  • bewusst ausatmen, bis der Bauch weich wird
  • mit den Füßen Kontakt zum Boden spüren

Solche Mini-Pausen bringen den Sicherheitsschalter zurück in den ventral-vagalen Modus.

2. Geräusche aktiv einordnen

Wenn ein Geräusch kommt, hilft es, nicht in den Widerstand zu gehen, sondern es einzuordnen:

  • „Das ist ein Geräusch, kein Angriff.“
  • „Ich bin sicher.“
  • „Mein Körper reagiert, weil er gerade viel trägt.“

Durch diese innere Einordnung verliert das Geräusch seine Bedrohlichkeit.

3. Wertschätzend Grenzen setzen, bevor du erschöpft bist

Geräuschempfindlichkeit verstärkt sich, wenn du dich überforderst.

Hilfreich ist:

  • früher „Nein“ sagen
  • Verantwortlichkeiten abgeben
  • soziale Pausen einlegen
  • Reizquellen reduzieren, solange du regulierst

Es geht nicht um Rückzug – sondern um Selbstschutz.

4. Reizüberflutung gezielt reduzieren

Ohne sich abzukapseln.

Zum Beispiel:

  • Lautstärke von Geräten leicht senken
  • Benachrichtigungen am Handy reduzieren
  • Fernseher bewusst ausschalten statt „nebenher laufen lassen“
  • einen klaren Ruheraum schaffen

Dein Nervensystem braucht kurze Zonen ohne Reize, damit es sich stabilisieren kann.

5. „Gute Geräusche“ nutzen

Der Körper reagiert nicht nur negativ auf Geräusche – er kann auch positiv geprägt werden.

Hilfreich sind:

  • Naturgeräusche
  • Regen
  • gleichmäßiges Rauschen
  • leise Musik ohne Sprünge

Diese Klänge signalisieren: „Es ist alles gut“, und beruhigen den Hörfilter.

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6. Körper entspannen, um den Hörsinn zu beruhigen

Kiefer, Nacken und Brustkorb sind Schlüsselbereiche.

Was sofort hilft:

  • lockere Kaubewegungen
  • Nacken dehnen
  • Wärme in den Schultern
  • sanfte Selbstmassage an den Kiefermuskeln

Sobald der Körper weich wird, wird der Hörsinn weniger scharf.

7. Den Tag bewusst beenden

Gerade abends ist das Nervensystem reizanfälliger.

Hilfreich ist ein Ritual:

  • warmer Tee
  • Atemübungen
  • leises Licht
  • Handy weg
  • kurzes Aufschreiben, was den Tag über belastet hat

Ein regelmäßiger Übergang in die Ruhe senkt die Empfindlichkeit deutlich.

8. Mit dir selbst freundlich bleiben

Geräuschempfindlichkeit ist kein Fehler, kein Makel und keine Überreaktion.

Es ist eine körperliche Reaktion auf Belastung.

Je weniger du gegen dich kämpfst, desto schneller beruhigt sich dein System.

Fazit – Was Geräuschempfindlichkeit wirklich bedeutet

Geräuschempfindlichkeit ist viel mehr als ein „empfindliches Ohr“.

Sie ist ein präziser Hinweis darauf, wie es deinem Nervensystem geht. Und sie ist oft das erste Zeichen, dass du zu viel trägst – körperlich, emotional oder mental.

Ob Hochsensibilität, Stress, Hormone, Verspannungen, ADHS oder seelische Belastung:

Geräuschempfindlichkeit zeigt dir, wo Unterstützung nötig ist.

Der wichtigste Punkt dabei ist:

  • Dein Körper ist nicht gegen dich.
  • Er versucht, dich zu schützen.

Wenn der innere Sicherheitsschalter umlegt, macht dein Nervensystem Geräusche lauter – damit du merkst, dass du an einer Grenze bist. Es ist ein Schutzmechanismus, kein Defekt.

Mit etwas Wissen über Ursachen, ein paar regulierenden Übungen und einer liebevollen Haltung dir selbst gegenüber kannst du lernen, Geräusche wieder neutral wahrzunehmen.

Und Schritt für Schritt entsteht etwas, das für viele Betroffene entscheidend ist:

Ein Gefühl von innerer Sicherheit – unabhängig von den Geräuschen um dich herum.

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Übungen zur Regulation des Nervensystems findest du auf dieser Seite.

Höre dazu auch im Podcast

#46 Hilfe warum bin ich so geräuschempfindlich?

#90 Geräusche vom Nachbarn ausblenden was steckt dahinter, wenn das nicht geht?

#135 – Wenn andere essen, leide ich. Erfahrungsbericht zu Misophonie

#149 - Warum Geräusche dein Nervensystem triggern - und was wirklich dahinter steckt


Shivani Vogt
Shivani Vogt
Ich bin Diplompsychologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. In meinen Texten verbinde ich fachliche Tiefe mit einer klaren Sprache – damit du das, was innerlich wirkt, auch verstanden kannst. Manche Blogbeiträge entstehen in Zusammenarbeit mit ChatGPT – als Werkzeug, das mir hilft, Gedanken zu sortieren, Strukturen zu finden oder Formulierungen zu schärfen. Die Inhalte selbst basieren auf meiner eigenen Erfahrung und Verantwortung. Wenn du das Gefühl hast, dass dich meine Texte wirklich erreichen, dann lass uns sprechen und hole dir einen Termin mit mir.

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